Der gläserne Schüler: Datenschutz im Unterricht

Samuel Portmann
Taskbase
Published in
3 min readAug 7, 2018

Investitionen in Lernsoftware gehen schnell ins Geld. Warum Gratisangebote trotzdem keine Alternative sind.

Die Idee, mithilfe von Maschinen zu lernen, ist gar nicht so neu. Bereits 1928 erfand der US-Amerikaner Sidney Pressey eine «teaching machine» . Der Psychologe wollte damit das Lernen attraktiver gestalten. Sein Automat gab Multiple Choice-Fragen auf einer Papierrolle aus. Drückte der Befragte auf den richtigen Knopf, gab die Maschine zur Belohnung eine Süssigkeit frei. Pressey’s Maschine schaffte den grossen Durchbruch nicht. Aber die Idee, Maschinen in den Lernprozess einzubinden, hat nicht zuletzt dank Entwicklungen in AI den Durchbruch geschafft.

So wie der Automat von Pressey immer wieder mit Süssigkeiten aufgefüllt werden musste, damit er diese als Belohnung freigeben konnte, brauchen auch AI-basierte, adaptive learning-Programme ständigen Input, damit sie dem Schüler die richtigen Aufgaben und Erklärungen zuordnen können. Keine Süssigkeiten natürlich, sondern Daten.

Ohne Daten können AI-basierte Programme nicht lernen, ohne sie wären diese Programme nutzlos. Je mehr Daten, desto grösser ist der Erfahrungsschatz des Programms und desto genauer kann es auf die Eingabe einer Person reagieren. Taskbase nutzt die Daten ausschliesslich für die Entwicklung der Lernprogramme und auch lediglich die anonymisierten Eingaben der Schülerinnen und Schüler, also beispielsweise die Rechenschritte zur Lösung einer Gleichung oder die Korrektur eines Aufsatzes. Für unsere Arbeit spielt es überhaupt keine Rolle ob Person X männlich oder weiblich ist, wie alt sie ist und woher sie kommt.

EdTech-Unternehmen können Daten aber auch zu kommerziellen Zwecken verwenden: Entweder, damit die eigene Marketingabteilung Schüler, Lehrer oder Verlage gezielt anzusprechen, oder um die Daten an Dritte weiterverkauft: Das geschieht häufig bei Lernangeboten, die für den Nutzer kostenlos sind. Die Betreiber profitieren aber dafür von der lukrativen Weitervermittlung der Daten, die dann von anderen Firmen zu Werbe- oder auch Rekrutierungszwecken verwendet werden.

Es besteht die Möglichkeit, dass die Daten eines Schülers über seine Schulkarriere hinaus gespeichert und irgendwann in die Hände von potentiellen Arbeitgebern gelangen, die so Einblick in seinen detaillierten Entwicklungsverlauf erhalten — ohne das Wissen, geschweige denn Einverständnis der Person selbst.

Lehrer und Eltern sind zu recht besorgt über den Schutz der Privatsphäre der Kinder. Unternehmen wie Taskbase müssen deshalb aus eigener Initiative an klaren Nutzungsbedingungen und Datenschutzregelungen arbeiten und sich um grösstmögliche Transparenz bemühen, wenn sie das Vertrauen der Nutzer nicht verspielen wollen.

Die Politik wird sich damit beschäftigen müssen, wie das digitale Eigentum der Bürgerinnen und Bürger geschützt werden kann. Dabei geht es um weit mehr, als Bildungsdaten. Betroffen sind auch Daten über unsere Gesundheit, unser Kaufverhalten und Informationspräferenzen ganz generell. Eine Herausforderung, die angesichts der globalen Unternehmensstrukturen komplex ist und einen engen Dialog zwischen Politik, Institutionen und Unternehmen wie Taskbase erfordert.

Wir sehen zur Zeit zwei vielversprechende Ansätze, um die Datenhoheit des Nutzers zu sichern: In einem zentralen Modell würden EdTech-Unternehmen sich dazu verpflichten, die Bildungsdaten in einer einzigen, zentralen Datenbank abzulegen, die durch eine staatliche Instanz geschützt wird. Daten können nur mit Einwilligung des Besitzers weiterverwendet werden. Im Gegensatz dazu könnten in einem dezentralen Modell Daten technisch verschlüsselt und so nicht ohne Einwilligung der Nutzer offen eingesehen werden.

Wirksam werden solche Modelle aber nur, wenn sich Nutzer wie Verlage und Schulen für lokal entwickelte Software entscheiden, die zwar nicht umsonst ist, aber deren Urheber dafür in der Schweiz legitimationspflichtig sind.

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